Von Vulkanen umringt

Uns sollte die Diebstahlgeschichte noch weiter verfolgen: Teure Anrufe in die Schweiz, Informationen vom Hostel über den Dieb und Rechnungen um die 4000 Franken liessen uns nicht in Ruhe. Die Geschichte die sich entpuppte, wäre eine Grundidee für einen Krimi. Fragt mich nicht wieso, aber bei mir wurde nichts bezogen. Vielleicht lag es daran, dass der Dieb männlich war und mit einem typisch deutsch-weiblichen Namen nicht weit kam. Umsomehr bediente sich der Kerl bei Rogers Karten, was natürlich die Stimmung trotz heissen Temperaturen ins Eisige fallen liess.

Nichtsdestotrotz versuchten wir uns auf der ländlichen Isla de Ometepe mit seinen beiden Vulkanen abzulenken, was auch bald gelang. Mit dem Roller die Insel umkreisend, oder auf dem Fahrrad in der prallen Sonne den nächsten Badestrand anfahrend und natürliche Thermalquellen aufsuchend nutzten wir die ersten Tage in Nicaragua. Die Insel ist wirklich toll: immer wieder überholt man einen Ochsenkarren oder Pferdegespanne, kämpft sich durch freilaufenden Kuhherden oder jagt unfreiwillig streunende Pferde auf der geplättelten Hauptstrasse. Nach einigen Tagen Anklimatisierung zogen wir in ein Öko-Hostel und somit erfüllte ich mir einen aufkommenden Wunsch: mal wieder in einem Zelt zu schlafen. La Brisa hiess die wunderschöne Unterkunft und

wickelte uns nebst der strotzenden Natur mit köstlichem Essen und unglaublich tiefen Preisen um den Finger. Wie es manchmal halt so läuft wenns eben nicht läuft, legte wieder mal ein hartnäckiger Magenvirus Roger ins Bett, ähm Zelt. Wir liessen die geplante Vulkantour saussen und somit auch bald Ometepe hinter uns.

Die Fahrt zur Kolonialstadt Granada war eine reine Tortur für einen Magengeplagten: Schaukelschifffahrt, Wartezeit auf dem wohlriechenden Markt, 2 Stunden Busfahrt bei 35 Grad und eine orientierungslose Freundin als Guide. Ja, Roger hatte es nicht einfach! Wir liessen uns im Backyard Hostel nieder, dass mit freihoppelnden Hasen, einer Schildkröte und einem übellaunigen Papagei einiges an Abwechslung bot. Bei der Erkundgungstour verzauberten mich vor allem die bunten Häuser, grünschimmernde Innenhöfe und kulturellen Stätten. Im Casa de los tres Mundos hätte ich gerne gleich ein Zimmer bezogen: voller Kunst, Musik und schlafenden Katzen fühlte ich mich mehr als nur Wohl. Eine gewisse Selbstgeisslung gab ich mir, als wir den Klaviersaal betraten wo gerade ein junges Mädchen mit ihrer Klavierlehrerin Noten lernte. Da war er also wieder, dieser schmerzliche Stich in der Brust, wenn einem das Vermissen einholt und man zurückdenkt. Luxusproblem nenn ich das gerne, denn genau dass ist es!

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Wie die Einheimischen hier, suchten wir unseren Weg zur Laguna de Apoyo und waren letztendlich überrascht, wie schnell und einfach wir dorthin fanden. Das Blau der Lagune schimmerte je nach Lichteinfall sehr intensiv und durchmischt mit dem Giftgrün der Algen und den niedrig angeordneten Bergkuppen ringsum fühlte man sich wie in einem verwunschenem Tal, ab von allem. Die Salsa-Rhythmen dröhnten von einem Restaurant zum nächsten und die Lautstärken überschlugen sich mit dem fernen Gebrüll einiger Affen, die uns auch morgens wecken sollten. Nach 2 Tagen Abgeschiedenheit, beschlossen wir die nicaraguanische Pazifikküste aufzusuchen und schlugen uns durch bis zum kleinen Fischerort Playa Gigante. Wie so oft am Meer fühlten wir uns schnell wie Zuhause, nutzten die Slacklines und das Balanceboard, sowie die ruhige Zeit aus und beobachteten die Surfer wie sie sich durch Barrels schlängelten. Roger hielt es natürlich nicht lange als Zuschauer aus und wagte sich bald selbst ins angenehm kalte Wasser. Wir verbrachten tolle Tage mit herrlichen Sonnenuntergängen direkt vor unserer Nase, erkundeten das kleine Dorf mit seinen riesigen Schweinen, verspielten Hunden und verwirrten Hühnern, welche die kleine
Strasse mit uns teilten.

Bald sollte Jasi (Rogers Schwester) in Managua eintreffen und da wir ihren Geburtstag zusammen verbringen würden, machten wir uns an die Bastelarbeit für ihr Geschenk. Der mitgebrachte Aquarellkasten von Mum war das ideale Werkzeug dafür und bald kämpften wir gegen die Meeresbrise und pressten Briefumschläge zwischen unseren Laptops um das Geschenk fertigstellen zu können. Die Tage verflogen, so dass wir morgens um 6 Uhr im Schulbus (eine Art Viehtransporter) sassen und uns mal wieder sehr dreckig vorkamen. Die Schüler hier glänzten um die Wette in ihren weissen Hemden und azurblauen Hosen/Röcken. Die Haarpracht war oft sorgfältig nach hinten gekämmt und mit Schleifchen zusammengenommen, die Jungs wetteiferten dafür um die am meisten spiegelnste Gelstruktur im Haar. Wir hüpften auf den Holzbänken herum und versuchten durch die kleinen horizontalen Schlitze etwas von unserer Umgebung mitzukriegen. Meistens vergeblich. Am frühen Nachmittag kamen wir dann in der Hauptstadt Managua an und warteten sehnsüchtig auf Jasi’s Ankunft. Endlich konnten wir sie Abends nach einer fast 24-stündigen Anreise ihrerseits, in die Arme schliessen. Los geht das Dreier-Abenteuer!

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Alle drei hatten wir keinen grosse Lust in der lauten Hauptstadt zu verweilen und gaben dadurch auch Jasi keine grosse Angewöhnungszeit, sondern fuhren gleich weiter nach Leon. Ähnlich wie Granada spiegelte Leon die Kolonialzeit in Form seiner typischen Architektur wieder. Mit seinen gefühlten Tausend Kirchen und aktivem Strassenleben genossen wir die Stadt und vor allem auch die Eissorten dort, denn Leon soll angeblich die heisseste Stadt Nicaraguas sein. Im Vergleich zu Costa Rica spürte man hier, dass der Tourismus noch nicht so tief verankert ist, einerseits anhand der tiefen Preise und auch an der Verweigerung Englisch zu sprechen, was wir sehr genossen. Die Leute schienen aufgeschlossener und freundlicher zu sein und unsere Sprachfehler waren schnell verziehen. Mit unserer herrlichen Spanischlehrerin unterwegs, konnten wir natürlich auch einige Fragen klären, welche im Verlauf der vergangenen Wochen auftauchten. Wir besuchten einen nahen Strand, bei dem man nicht Barfuss laufen konnte, da man sich sonst die Fusssohlen verbrannt hätte und kämpften mit den starken Wellen. Für mich war es absolut toll wieder eine weibliche Ansprechperson zu haben und ich merkte, wie mir das in der letzten Zeit etwas fehlte. Wir alle genossen diese Zeit intensiv und schnatterten oft bis ins tiefe Dunkel der Nacht hinein, da man nach einer so langen Zeit doch einiges zu erzählen hatte.

Leon ist nebst seinen Kirchen und Museen vor allem auch für die vielen teils aktiven Vulkane bekannt, welche die Stadt förmlich umringen. Jasi las einmal in einem Reiseblog über einen Nacht-Treck zum Vulkan Telica, wo man angeblich im Dunkeln das rote Glitzern der Lava sehen konnte. Wir waren Feuer und Flamme und fanden eine ähnliche Tour zu besagtem Vulkan. Nachmittags um 2 Uhr ging’s los, mit einem Kleintransporter vollgepackt mit uns und einigen

anderen Vulkanhungrigen wurden wir auf der Rückbank in die Lüfte gespickt, da die Anfahrt auf einer schmalen Staubstrasse ziemlich wild war. Nach fast 2 Stunden hatten wir es dann vorerst geschafft und kletterten erleichtert aus dem Vehikel. Bereits hier bot sich eine spektakuläre Aussicht auf einige Nachbarvulkane und die sonst meist flache Landschaft ringsum. Der Weg zum Krater hoch war relativ schnell bewältigt, so dass unser Blick auf das riesige Loch vor uns fiel: 700 Meter Durchmesser und 120 Meter tief zeigte sich der Schlund des Kraters. Es war unglaublich laut und klang so, als würde man hinter einem startenden Flugzeug stehen. Dazu kam der nette Sulfatgeruch und der weisse Rauch, der stetig vom Wind weggetragen wurde und eine geheimnisvolle Stimmung erzeugte. Wir kehrten dem Krater vorerst den Rücken zu, um auf der anderen Vulkanseite den schönen Sonnenuntergang zu geniessen. Als es einzudunkeln begann, machten wir uns auf den Rückweg zum Krater und nun konnten wir sie sehen: die Lava. Der Drang noch weiter zum Abgrund zu laufen um die rotaufglitzernden Augen besser zu sehen kroch langsam in uns auf, doch wer hätte schon Lust in einen aktive Krater zu fallen? So versuchten wir mehr Schlecht als Recht das Gesehene auf den Speicherchip der Kamera zu bringen. Naja, ihr seht die Bilder ja selbst, aber vielleicht könnt ihr euch so in etwa vorstellen, wie es aussah und wie es sich angefühlt hat dort zu stehen und zu staunen.

Mit diesem Erlebnis sollten wir auch schon bald unsere Nicaragua-Tour beenden. Wir warfen unseren Plan nach El Salvador zu gehen über den Haufen, da gerade Präsidentschaftswahlen anstanden und die Bürger nicht wirklich mit dem Resultat zufrieden waren. Fazit: die Mordrate stieg stark an und etliche Demonstrationen wurden angezettelt. Der Plan B wurde schnell gefunden, dazu aber später mehr.

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