Traditionsbrüche im Süden

Es war 3 Uhr früh, als die Reise mit der Fähre von Nord nach Süd begann und so kamen wir total aufgeputscht und überdreht an Deck zu den ersten hellen Flecken am Himmel. Wir waren total baff und mussten uns zwingen, ab und zu den Mund zu schliessen: Im sanftblauen Wasser traten plötzlich schwarze Hügel hervor, erst nur schwer erkennbar wurden es immer mehr und unsere Überdrehtheit fand einen neuen Nährboden. Zum Glück hatte es fast keine deutschsprachige Leute an Bord, die hätten sich sicher an den Kopf gefasst bei unseren Ausbrüchen. Am frühen Morgen setzten wir also in Picton an Land und zwangen uns ein wenig den Bus zu bewegen um eine Schlafstätte zu finden. Tatsächlich führte uns die kurvige Strasse direkt an eine verträumte Bucht die ihre Farbnuancen in allen Facetten erstrahlen liess. Irgendwann gewann die Müdigkeit die Oberhand und wir wandten uns nur schweren Herzens von der idyllischen Kulisse ab.

Nach dem Fähren-Jetlag begaben wir uns langsam aber sicher auf den Weg der Westküste entlang runter in den Süden. Beim wunderbaren Abel Tasman Nationalpark verbrachten wir die Vorweihnachtstage

mit sonnigem Wetter und vielen Wanderungen rund um die Bucht-Landschaften des Parks. Teils fühlte ich mich wie in der Karibik, da die Wasserfarbe in Zusammenarbeit mit der Sonne ein kräftiges Türkis annahm und verzauberte. Abenteuerlustig wie wir waren, verpassten wir es uns über die Konditionen der Strecken zu informieren und sahen uns bald bis zur Taille in einer Buchtmündung stehen und durchs Wasser waten. Selber Schuld, wären wir eine Stunde früher los, hätten wir die Ebbephase erlebt und die Strecke trocken hinter uns gebracht. Glücklicherweise trockneten unsere Kleider ziemlich schnell an der strahlenden Sonne. Weihnachten brachte den ersten Traditionsbruch mitsich. Zwar spielte das Wetter im netten Hippie-Dorf Takaka nicht ganz so mit wie gehofft, dennoch radelten wir auf fragwürdigen Fahrrädern durchs Dorf, erklommen Felswände und stiessen bald gutgelaunt auf Weihnachten ohne Schnee, dafür mit internationalen Publikum an. Als krönenden Abschluss stolperten wir in der Dunkelheit am Flussufer entlang und bestaunten die Tausenden von Glühwürmchen, die dem aufblitzenden Sternenhimmel Konkurenz machten.

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Um die Wehmut nach Schnee und Kälte etwas zu dämmen zogen wir bald der herrlichen Küste entlang zu den beiden Gletschern, welche so nahe wie fast nirgendwo sonst in der Welt am Meer thronen. Nach kurzen Abstechern in Hokitika mit seiner Jade-Kultur und den Pancake Rocks, erreichten wir zuerst den Franz Josef Gletscher. Nix Kälte und Schnee, es war unglaublich warm und das Dörfchen kurz vor dem Gletscher erinnerte sehr an die Bergdörfer in der Schweiz, was uns natürlich gefiel. Etwas weg vom Rummel lag der Fox Gletscher neben seinem grossen Bruder, dort fanden wir mal wieder ein nettes Camp mit tollen Leuten und erkundeten die Region rund um und auf dem Gletscher. Wettertechnisch wurden wir sehr unterschiedlich empfangen: erst heisse Tage mit Sonnenbrandgefahr, dann
peitschende Winde und Regen. Kurz vor Neujahr trafen wir im triebsamen Queenstown ein, welches viel Bergcharme versprühte und uns aufs neue Jahr vorbereitete. Leider bekamen wir vom Feuerwerk und der riesen Party in Queenstown nicht viel mit über, da auf unserem Camping Feuerwerksverbot war und die Sicht am Abend kein verstecktes mitgucken zuliess. So genossen wir die Ruhe, den Champagner und einen Jahresrückblick der etwas anderen Art am Seeufer. Wieder eine Tradition gebrochen. Jaa, jammern auf hohem Niveau kann ich gut. Nebst den unglaublichen Natureindrücken und freundlichen Einwohnern Neuseelands vermisste ich den Schnee, das Snowboarden und das Zusammensein mit meinen Lieben. Gehört wohl einfach auch dazu, wenn man eine Zeitlang weg ist von seiner gewohnten Umgebung.

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Neuseeland ist auch bekannt für seine unglaublich vielseitigen Sportarten. Wr liessen zwar gekonnt die Finger von Bungee jumping, versuchten uns dafür im Kajaken. Die Betonung liegt auf versuchten. Die fabulöse Fjordlandschaft um Milford Sound schien wie dafür gemacht sie per Kajak und Paddel zu erkunden, nur leider regnete es wie aus Eimern und der Wind sprach auch noch ein kräftiges Wörtchen mit. Als wir die unglaublich vielseitige Milford Road hinter uns liessen und im Dorf ankamen, informierte man uns auch gleich, dass bei diesem Wetter keine Touren stattfinden würden. Dafür hatten wir umso mehr Zeit die Umgebung zu erkunden. Es war fast schon ausserirdisch: durch den Regen bildeten sich weisspulsierende Wasserfälle, welche adergleich den grauschwarzen Bergwänder herrunterrannen und man gar nicht mehr wusste, wo man hinschauen sollte. Autofahren war noch nie so schwer, vor allem nicht wenn man einen Beifahrer hat der ständig „Ohhh, wow! Schau mal dort! Unglablich!“ sagt.

Nach nun fast 7 Monaten Sommer hielten wir es nicht mehr länger im kalten, regnerischen Westen der Südinsel auf und suchten wieder die Sonne. Ab in den Osten! In Dunedin mussten wir feststellen, dass unsere englische Aussprache zu den hiesigen Ortschaften komplett falsch war, so viele Buchstaben kann man doch gar nicht verschlucken, oder? Doch, Neuseeländer können das sogar sehr gut. Im Osten fanden wir die Tierwelt des Pazifiks ziemlich rasch vor. Seehunde am sonnen, Delfine am springen, Pinguine am watscheln,

alles da. Wir konnten uns aber auch glücklich schätzen. An einem Ort sassen wir Abends bequem bei Bier und Sonnenschein im Campingstuhl mit Blick aufs Meer als ich plötzlich drei Delfine bei ihrer Akrobatik sah. Die drei kamen sehr nahe und wurden zu unserem Höhepunkt der nächsten Tage. Auch das kajaken in Kaikoura bot die Möglichkeit Seehunde hautnah zu erleben und die Seehundkolonie in Ohau mit ihren Babys war unbeschreiblich niedlich anzuschauen.

Die letzten Tage verbrachten wir mit wandern, mountainbiken und in den Thermen plantschen im alpinen Hanmer Springs, bevor wir unser treuer Gefährte in Christchurch abgaben. Wir waren beide froh, mal wieder ein Bett und laufend Wasser zu haben und so fiel der Abschied von unserem Bus nicht sonderlich schwer. Christchurch erstaunte und verwirrte uns gleichermassen. Selbst noch 3 Jahre nach dem verheerenden Erdbeben wirkte die Stadt wie ausgestorben. Ein Kern war nur schwer auszumachen und etliche Häuser waren mittels Warnschildern und Sperrbändern abgeriegelt. Die Einwohner, zumindest jene die nicht geflüchtet sind, sprachen meist wehmütig über ihre Heimat. Wir hatten aber Glück, einerseits war gerade eine Streetart Austellung im Museum, welche etliche Meisterwerke von Banksy beherbergte und andernseits lief  das World Buskers Festival an. Gratis Konzerte, Artistik und Comedy in der ganzen Stadt: Was für ein toller Abschluss! Jetzt heisst’s erstmals einen 32-Stunden-Flug nach Zürich anzutreten und dann wieder ab in den Sommer: Hola Costa Rica!

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